Kalte Progression
Der Begriff der kalten Progression stammt aus dem Einkommensteuerrecht und bezeichnet eine Art schleichende Steuererhöhung durch Inflation – so das Bundesfinanzministerium auf seiner Homepage. Was das mit dem Erbrecht zu tun hat? Auch hier erleben wir gerade eine massive kalte Progression, nur dass niemand darüber spricht. Denn: Die Immobilienpreise sind in den vergangenen Jahren explodiert – die erbschafts- bzw. schenkungssteuerlichen Freibeträge sind aber nicht erhöht worden. Im Klartext: Wollte ein Elternteil vor 10 Jahren ein Einfamilienhaus im Wert von damals € 400.000.- auf ein Kind übertragen, ging das – der Freibetrag liegt bei € 400.000,00. Ist das gleiche Haus heute € 600.000,00 wert, so muss die Differenz besteuert werden. Nicht selten führt das im Ergebnis zu der Notwendigkeit des Verkaufs.
Aber das muss nicht sein. Wir beraten Sie gerne hinsichtlich der Gestaltungsmöglichkeiten – sei es eine (teilweise) Übertragung zu Lebzeiten, die Einräumung etwa eines Wohnrechtes oder nur die Einbeziehung des anderen Elternteils. Wichtig nur: ist der Erbfall eingetreten, ist es in aller Regel zu spät!
Widerruf der Vorsorgevollmacht durch einen anderen Bevollmächtigten?
In guten Tagen sollte Vorsorge getroffen werden – unter anderem empfiehlt es sich, eine Vorsorgevollmacht anzufertigen. Oftmals werden mehrere Personen bevollmächtigt, z.B. der Ehegatte und die Kinder. Was aber, wenn diese sich nicht mehr einig sind, wenn die Vollmacht benötigt wird? Kann nun einer der Bevollmächtigten die Vollmacht der anderen widerrufen – nach dem Motto: Wer zuerst widerruft, bleibt im Rennen? Nein, sagt aktuell das OLG Karlsruhe (Beschluss vom 24.01.2022, 10 W 8/21), das geht grds. nicht. Etwas anderes gilt nur, wenn es explizit in der Vollmacht festgehalten wurde.
Konkludenter Pflichtteilsverzicht?
Kurz vor der Hochzeit schließen die Eheleute einen Erbvertrag. Hiernach bekommt die Ehefrau ein lebenslanges Nutzungsrecht an den Immobilien des Ehemannes, seine Erbin wird allerdings seine Tochter aus erster Ehe. Nach dem Tode des Mannes schlägt die Frau das Vermächtnis (also das lebenslange Nutzungsrecht) aus und verlangt stattdessen von der Tochter des Mannes den Pflichtteil. Diese entgegnet, ein Pflichtteilsanspruch bestehe nicht, denn darauf habe die Ehefrau in dem Erbvertrag ja schließlich verzichtet; zwar nicht ausdrücklich, aber doch konkludent, den anders mache der Erbvertrag ja keinen Sinn. Nein, sagt das OLG Düsseldorf (Urteil v. 09.07.2021, 7 U 110/20). Ein Pflichtteilsverzicht muss grds. ausdrücklich erfolgen. Zwar kann auch ein konkludenter Verzicht möglich sein, hier sind aber strenge Anforderungen zu stellen.